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Freitag, 9. November 2012

Jiddu Krishnamurti - Vollkommene Freiheit

Namaste

In letzter Zeit habe ich wieder mal einige Diskussionen bezüglich von Glauben und Religion geführt und gelesen. Grundsätzlich ist mein Standpunkt derjenige, dass ich mich keiner Religionsgemeinschaft oder -philosophie zugehörig fühle, denn den meisten "Lehren" kann man sowohl positive,als auch negative Aspekte abgewinnen. Wenn man z.B. die 10 Gebote betrachtet, dann stellen sie, wenn auch etwas veraltet, bloß "Regeln" dar, denen die Menschen folgen sollten, damit sie friedlich miteinander leben. Auch der Islam, das Judentum und alle weiteren Religionen haben selbstverständlich Verhaltensdogmen, denen man folgen sollte.Das Problem aber, einem geschriebenen Buch zu folgen,liegt meiner Meinung nach daran, dass man einfach viel zu viele Interpretationsmöglichkeiten hat diesen Text auszulegen. Der eine interpretiert es radikaler, als der andere, Organisationen missbrauchen das Buch als eine in Stein gemeißelte Wahrheit für Machtzwecke und die Menschen folgen blindlings. Und ein noch größeres Problem ist für mich, dass Religionen eben organisiert werden. Zu Institutionen mutieren. zu Institutionen, die oftmals viel Macht und Geld haben. Und sobald Macht und Geld mit im Spiel sind, hört für mich die Glaubwürdigkeit auf. 

Laut einem Artikel des Spiegels[http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/katholische-kirche-der-geheime-milliardenschatz-des-klerus-a-686793.html] -und auch im Buch von Dieter Broers "Das Geheimnis des Matrix Code" ist diese Information zu finden- wird das Kirchenvermögen auf ca. 270 Milliarden Euro geschätzt, welches sich u.a. aus Grundbesitz, Immobilien, Geldeinlagen und Beteiligungen zusammensetzt. Da ist es auch garnicht mehr so ironisch die Kirche mit einem "multinationalen Konzern" zu vergleichen,wie Broers es in seinem Buch macht. Auch die Tatsache, dass es in Religionsgemeinschaften oftmals Hierarchien gibt macht mich stutzig. Sind denn alle Menschen nicht gleich viel Wert? Warum braucht der Mensch ständig einen spirituellen Führer, ist er denn nicht imstande selber über sein Verhalten zu reflektieren? Wenn man bedenkt wie viel Unheil Religionen -oder besser gesagt, die dahinter stehenden Menschen- angerichtet haben, wie viele Kriege im Namen von Religionen geführt wurden und geführt werden, wie viele Kulturen und Naturreligionen ausgelöscht wurden, dann fragt man sich: Warum haben diese Institutionen dann immer noch so viele Anhänger? 

Man kriegt ja immer als Gegenargument, dass die kirchlichen Organisationen so wohltätig sind und manche Menschen einfach einen Glauben brauchen,um zu überleben,weil er sie stärkt und ihnen Kraft gibt. Der erste Fall scheint für mich immer als Argument aufzutauchen, um die dunkle Vergangenheit der Kirche etwas zu mildern und im besseren Licht darstehen zu lassen. Ich möchte nicht behaupten, dass JEDE Wohltätigkeit der Kirche nur Lobby- und Missionarsarbeit ist. Definitiv hat vor allem in der Vergangenheit die Kirche viel für die Armenfürsorge gemacht, denn die Wurzeln der ersten karitativen Einrichtungen reichen bis ins Mittelalter zurück. Dennoch glaube ich, dass Wohltätigkeit nicht der Religion entspringt,sondern dem Inneren des Menschen. Demnach braucht man keine Institution Kirche,um den Armen zu helfen. Und zum zweiten Fall: Der Mensch braucht keinen geistigen Führer, er muss sich nur mit seiner Umwelt austauschen,um sein eigenes und das Verhalten anderer Menschen zu reflektieren. Er muss seine eigene Spiritualität entdecken und sich mit sich selbst befassen. Ja,heutzutage beschäftigen wir uns sehr viel mit uns selbst, wohl mehr als je zuvor - leider aber nur oberflächlich und meistens eher aus egoistischen Gründen. Und "mit sich selber befassen" meine ich, dass man in sich selbst geht und ein bisschen seinen persönlichen Geisteszustand erforscht. Ein wenig Literatur kann da definitiv nicht schaden, selbst die Bibel kann man hernehmen und sich Anregungen holen. Aber sie als eine universelle Wahrheit anzunehmen ist schlichtweg kontraproduktiv, weil jeder Mensch eine andere Spiritualität hat,die er für sich selbst entdecken muss. Und das schafft er erst, wenn er sich kennenlernt.

Jetzt komme ich eigentlich erst zu dem Punkt, dem dieser Blogeintrag gewidmet ist. Ich bin jüngst häufiger über einen Namen gestoßen, von dem ich vorher noch nie was gehört habe. Man lernt ja in der Schule bekanntlich so gut wie alle bedeutenden Philosophen und Denker kennen, von diesem habe ich aber vorher noch nie was gehört, obwohl er als "einer der großen Revolutionäre des 20.Jahrhunderts und einer der unabhängigsten Denker" vom Fischerverlag zitiert wird. Aber vielleicht wird irgendwann auch seine Zeit kommen,sodass er Einzug in die Schulbücher erhalten wird.  Wie dem auch sei, es handelt sich hierbei, wie der Titelname schon sagt, um den indischen Philosophen Namens Jiddu Krishnamurti (*1895,+1986). Sein Anliegen war es den Menschen ein geistiges Erwachen darzulegen, ohne der Vermittlung von traditionellen religiösen Methoden. 

Als ich also vor kurzem mal in der Buchhandlung war, ist mir eins seiner Bücher in die Hände gefallen. Besser gesagt ist es ein Band, in dem seine wichtigsten Aufsätze, Reden und Gespräche aus fünfzig Jahren weltweiter Lehrtätigkeit gesammelt sind. Das Buch heißt "Vollkommene Freiheit", besteht aus ca. 541 Seiten und ist im Fischerverlag erschienen. Ich habe das Buch noch lange nicht durch, als ich mich jedoch eingelesen habe, war gleich zu Beginn eine wundervolle Rede von Krishnamurti gedruckt, die er anlässlich der Auflösung des "Ordens des Sterns im Osten" hielt, dessen Haupt er war. Kennt ihr sowas, wenn ihr ein Lied hört oder einen Text liest, dass ihr dann das Gefühl habt, dieser Text gibt den Kern eurer Gedanken einfach auf die perfekte Weise wieder, aber ihr würdet niemals imstande sein das selbst so zu formulieren? So ähnlich erging es mir mit dieser Rede. Aber ich werde nun eine Passage daraus Zitieren, damit ihr euch selbst einlesen und ein Bild machen könnt.

"Die Wahrheit ist ein pfadloses Land"

"Heute morgen wollen wir über die Auflösung des Ordens des Sterns sprechen. Viele Menschen werden sich darüber freuen, und andere werden sehr traurig sein. Es geht aber nicht darum,ob man sich freut oder traurig ist, denn die Auflösung des Ordens ist unvermeidlich,wie ich Ihnen nun erklären werde.
Sie erinnern sich vielleicht an die Geschichte, wie der Teufel und einer seiner Freunde eines Tages die Straße entlanggingen. Sie sehen vor sich einen Mann, der sich bückt und etwas vom Boden aufhebt, es betrachtet und dann in seine Tasche steckt. Der Freund fragt den Teufel: 'Was hat der Mann da aufgehoben?''er hat ein Stück von der Wahrheit aufgehoben', sagt der Teufel.'Das ist aber ein sehr schlechtes Geschäft für dich', sagt sein Freund.'Oh, durchaus nicht', antwortet der Teufel, 'ich werde ihm vorschlagen, sie zu organisieren.' 
Ich behaupte, dass die Wahrheit ein pfadloses Land ist, und Sie können sich ihr auf keinem Pfad nähern, durch keine Religion, durch keine Sekte. Das ist meine Ansicht, an der ich absolut und bedingungslos festhalte. Die Wahrheit, die grenzenlos, unbedingt, unnahbar ist, auf welchem Pfad auch immer, kann nicht organisiert werden; auch sollte keine Organisation gebildet werden, um Menschen auf einen besonderen Pfad zu führen oder zu nötigen. Wenn Sie das als erstes verstehen, dann werden Sie sehen,wie unmöglich es ist, einen Glauben zu organisieren. Ein Glaube ist eine rein individuelle Angelegenheit,und Sie können und dürfen ihn nicht organisieren. Wenn Sie es tun, dann stirbt er, erstarrt er; er wird zur Konfession, zu einer Sekte,einer Religion, die anderen aufgenötigt wird. Das ist es aber, was überall auf der Welt jeder zu tun versucht. Die Wahrheit wird geschmälert und zum Spielzeug für die Schwachen, für diejenigen,die nur einen Augenblick unzufrieden sind.
Die Wahrheit kann nicht heruntergeholt werden; vielmehr muss der einzelne sich die Mühe machen, zu ihr hinaufzusteigen. Sie können den Gipfel des Berges nicht ins Tal herunterholen. Wenn Sie den Gipfel des Berges erreichen wollen, müssen Sie das Tal durchqueren und die steilen Felsen hinaufklettern, ohne sich vor den gefährlichen Klippen zu fürchten. Sie müssen die Wahrheit erklimmen, sie kann nicht für Sie 'abgestuft' oder organisiert werden. Das Interesse an Ideen wird hauptsächlich von Organisationen am Leben erhalten, doch Organisationen erwecken nur ein oberflächliches Interesse. Ein Interesse, das nicht aus der Liebe zur Wahrheit um ihrer selbst willen entsteht, sondern durch eine Organisation geweckt wird, ist ohne Wert.Die Organisation wird zum Rahmen,in den sich ihre Mitglieder bequem einfügen. Sie streben nicht länger nach der Wahrheit oder nach dem Gipfel des Berges, sondern sie graben sich eine bequeme Nische, in die sie sich setzen, oder lassen sich von der Organisation an einen Platz stellen und denken, dass die Organisation sie dadurch zu Wahrheit führen wird." aus: Krishnamurti, Jiddu: Vollkommene Freiheit. Das große Krishnamurti Buch. Frankfurt am Main: Fischerverlag 2011,S.21-22

Das ist nur ein kleiner Ausschnitt seiner Rede, ich würde ja am Liebsten die ganze hier reinschreiben,aber das würde meine Kapazitäten übersteigen. Bestimmt kann man sie auch irgendwo im Internet nachlesen. Aber eine Passage will ich noch unbedingt zitieren,weil sie, wie ich finde, so gut den Zeitgeist trifft:

"Weil ich frei bin, unkonditioniert, vollkommen - nicht die partielle, nicht die relative, sondern die ganze Wahrheit, die ewig ist-, deshalb wünsche ich, dass diejenigen, die mich zu verstehen suchen, frei sind; nicht, um mir nachzufolgen, nicht, um aus mir einen Käfig zu machen, der zu einer Religion, einer Sekte wird. Vielmehr sollten sie frei sein von aller Furcht - von der Furcht der Religion, von der Furcht der Erlösung, von der Furcht der Spiritualität,von der Furcht der Liebe, von der Furcht des Todes, von der Furcht des Lebens selbst.[...]Sie sind an Autoritäten gewöhnt oder an den Nimbus von Autorität, und Sie glauben, durch sie auf den Weg der Spiritualität geführt zu werden. Sie glauben und hoffen,dass ein anderer Sie durch seine außergewöhnlichen Kräfte -durch ein Wunder- in diese Sphäre ewiger Freiheit entrücken kann, die Glückseligkeit ist. Ihre ganze Lebenseinstellung basiert auf dieser Autorität." aus: Krishnamurti, Jiddu: Vollkommene Freiheit. Das große Krishnamurti Buch. Frankfurt am Main: Fischerverlag 2011, 
S.24-25

Jedenfalls finde ich die Gedankengänge dieses Mannes wirklich sehr inspirierend,weil ich auch meine eigenen in seinen wiederfinden kann. Ich bin schon gespannt, was die Lektüre sonst noch interessantes zu bieten hat und werde vllt. ab und zu einige Passagen, die ich besonders gut finde, hier reinzitieren, um evtl. das Interesse von anderen Lesern zu wecken.


Für heute wäre dann alles gesagt,ich wünsche Euch noch einen schönen Abend

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